30.1.88 (111)

Ich sitze wieder in unserem Container und warte, daß das Foto, das ich für Kurts Geburtstag aufziehen will, gut einweicht. Die Zeit bis dahin nutze ich zum Schreiben. Heute gab es wieder einige Arbeit. Von Günther bekam ich den Auftrag zur Anfertigung von Befestigungsmöglichkeiten für die Verspannung eines 20-m-Antenenmastes. Solche Sachen machen Spaß, da kann man konstruieren und bauen. Nächste Aufgaben liegen schon an. Ich habe ihm gesagt, daß ich lieber mit Metall als mit Holz arbeite und soweit es geht, wird das berücksichtigt. Bei anderen Dingen, besonders bei Transporten, bin ich natürlich auch dabei.
Mittags ging es in die Banja, besonders Wäschewaschen war erforderlich, da es am Mittwoch wegen der Tauchaktivitäten ausgefallen war. Für die Jeans habe ich Molos Waschmethode übernommen: Jeans anziehen, mit der Bürste waschen und unter der Dusche spülen. Geht prima. Von Maitri aus habe ich einen Brief an Christian abgeschickt. Er wird vom indischen Arzt später in Dheli aufgegeben.
Nach dem Banjabesuch habe ich mich hingesetzt, Nüsse geknackt und einen sehr schönen Nußkuchen gebacken. Anschließend wurde er mit Zuckerglasur versehen und mit halben Walnußkernen verziert.
Ich muß jetzt auch noch den Speiseplan für Kurts Geburtstag fertigmachen, denn für diesen Tag koche und backe ich, da er es sonst erledigt hat und an seinem eigenen Geburtstag natürlich seine Ruhe haben will. Morgen müssen wir erst mal sehe, was für Fleisch wir auftreiben können. Mir macht das alles viel Spaß.
Mit Bart gefalle ich mir übrigens sehr gut, ich würde gern so nach hause fahren. Ich bin natürlich bereit, bei Nichtgefallen den Zustand wieder zu ändern. Es sieht aber wirklich nicht schlecht aus.

31.01.88 (112)

Eigentlich ist schon der 01.02., wenn ich das hier schreibe, da der Tag so mit Arbeit angefüllt war, daß zum Schreiben keine Zeit blieb. Günthers Mastschellen einschließlich Mastfuß und Spitze sind jetzt fertig und abends habe ich mit dem Backen für Kurts Geburtstag begonnen, und zwar mit Makronen für Verzierungszwecke und einen Boden für Buttercremetorte und einen für Obsttorte. Macht alles eine Menge Arbeit. Weitere Einzelheiten fallen mir schon nicht mehr ein, man sollte wirklich alles noch am gleichen Tag aufschreiben. Abends haben wir (Steffen, Ecki und ich)noch ein Glas Oasenwein getrunken. Günther kam um 23.30 von seiner Baustelle. Ich servierte noch die überzähligen Makronen, die dann noch aufgegessen wurden.

01.02.88 (113)

Vormittags wurde etwas an der Aerologie gearbeitet, das Geomobil zur Reparatur an die DES gezogen und noch ein paar Kleinigkeiten gearbeitet. Zum Mittagessen fuhr ich mit der Raupe und einer Walakusche, da Butter, Speck, Fußbodenbelag, Rohre und Bretter zu holen waren. Danach legte ich in der Küche los. Die Buttercremetorte wurde fertiggemacht, ein zweiter Boden für Obst, ein Rosinenkuchen, ein Apfelkuchen und ein Streuselkuchen wurden gebacken. Danach wurden eine Ananastorte und eine Pfirsichtorte fertiggemacht und außerdem noch ein Napf Kräuterbutter. Wie oft ich heute abgewaschen habe, weiß ich nicht. Jetzt bin ich jedenfalls hundemüde.
Ein Telegramm ist immer noch nicht gekommen. Ich verstehe das nicht, aber es wird schon noch kommen., vielleicht schon morgen.


02.02.88 (114)

Hurra, die Welt ist wieder in Ordnung, das Telegramm ist da. Es war wieder mal eins verloren gegangen.
Über den Abschluss habe ich mich sehr gefreut, so war die ganze Arbeit nicht umsonst. Ich bin richtig stolz auf Ingrid. Am liebsten wäre ich jetzt zu hause, um mit ihr zu feiern.
Heute habe ich wieder den ganzen Tag in der Küche gestanden und gekocht. Es ist jetzt gleich 17.30 Uhr. Kaffeetrinken ist vorbei und wenn alles abgewaschen ist, kümmere ich mich ums Abendbrot. Es gibt als Vorsuppe eine grüne Erbsensuppe, dann Roulade, Roastbeef, Spargel, Rotkohl, grüne Bohnen, Klöße und Püree und als Nachtisch Ananaskompott, danach Erdbeerbowle und Bier. Dann hatte ich alles überstanden. Es hat aber viel Spaß gemacht.
Ein Telegramm werde ich auch noch aufgeben. Hoffentlich geht noch jemand zur SU-Station. Ansonsten geht es morgen früh weg.

03.02.88 (115)

Das Aufstehen fiel heute wieder mal etwas schwer, denn die gestrige Feier dauerte doch etwas länger. Das Essen war hervorragend und die Bowle ebenso (3 Büchsen Erdbeeren, 8 Flaschen Wein, 1 Flasche Sekt, 1 Flasche Goldbrand + Zucker). Sie war unerhört süffig und trotzdem ohne Folgen. Bisher hatte ich noch keinen Ausfall wegen eventueller Kater.
Heute habe ich zusammen mit Günther einen uralten sowjetischen Holzschlitten mit der Motorsäge zerlegt. War eine ganz schöne Arbeit, da wir auch erst die Säge in Gang bringen mussten einschließlich Kettenwechsel. Die beiliegende Beschreibung war auch nicht gerade sehr ausführlich, aber es hat geklappt. Um 20.00 Uhr waren wir mit allem fertig. Morgen müssen wir das Holz sortieren, das unbrauchbare verbrennen und aufräumen. Nur unser lieber Expeditionsleiter Reiner ist zu dämlich zu allem und faul. In 4 bis 6 Wochen sind wir ihn endlich los.
Heute haben wir nachmittags auch den restlichen Kuchen gegessen. Der Apfelkuchen war etwas sehr feucht, der Geschmack war aber prima. Sonntag werde ich wohl wieder backen müssen. Mal sehen, was gewünscht wird. Besonders die Buttercremetorte war ein Gedicht. Ich habe schon wieder kräftig zugenommen. Na, macht nichts, Hauptsache es schmeckt.
Das Schiff kommt auch kaum vorwärts, es lief wieder nur 146 Meilen am Tag und ist erst am Kap Finisterre. Wenn das Ding so weiter macht, kommt es nie an.

04.02.88 (116)

Bis jetzt habe ich das Tagebuchschreiben gut durchgehalten, ich hoffe nur, dass es so bleibt. Man darf nur keine Lücken entstehen lassen, da selbst nur 1 Tag schwer wieder zu rekonstruieren ist. Heute ist wieder mal Kino. Es läuft ein sowjetischer Film und da habe ich die Kurve gekratzt. Ich bin müde und wenn ich mir den Film ansehe, wird es wieder Mitternacht, bis ich ins Bett komme.
Hans und Kurt haben in der Küche neuen Fußbodenbelag verlegt. Reiner sollte aus dem alten Belag ein Stück für den Flur schneiden und der blöde Heini hat sowohl das Stück zu kurz abgeschnitten als auch ausgerechnet die Beule, die uns schon immer gestört hat, drangelassen und vom guten Ende abgeschnitten. Er ist wirklich zu nichts zu gebrauchen. Vormittags half er Günther und mir beim Wegräumen und Verbrennen der Schlittenreste, die wir gestern zersägt hatten. Auch da war er nicht in der Lage, irgend etwas selbständig zu erledigen. Wir haben ihn dann als Posten beim Feuer stehengelassen.
Mit Günther arbeitet es sich gut zusammen, es ist zwar viel, aber dabei vergeht die Zeit und man sieht, dass was geschafft wurde. Heute habe ich am Nachmittag und am Abend wieder Antennenhalterungen und Gewichte zum Spannen konstruiert und gebaut. Morgen wird es fertig. Das macht viel Spaß und man schafft etwas, was auch stehen bleibt. In größere Dinge habe ich meine Initialen eingeschlagen.
Das Schiff ist auch schneller geworden. Wir verfolgen das alles mit großem Interesse, die einen, weil sie nach hause wollen, die anderen, weil sie auf die Kisten warten. 6 Wochen wird es schon noch dauern. Mein Kaffee ist auch fast alle.

05.02.04 (117)

Über den heutigen Tag gibt es nichts zu berichten außer über Arbeit. Für Günther habe ich die Arbeiten an den 3 Masten beendet und auch die beiden Halterungen für die Antennenbeschwerung fast fertig gebaut. Hans hat den 6-m-Kurbelmast am Geomobil befestigt. Wir bauen fast nur noch Antennen.
Reiner suchte heute beim Frühstück einen zweiten Mann, der beim Vermessen hilft. Gemeldet hat sich keiner, da er auch nur auf direkte Aufforderung hin was macht und das auch noch schlecht. Daraufhin verschwand Reiner beleidigt vorzeitig vom Frühstückstisch. Seine Vermesserei ist sowieso für die Katze, da er offensichtlich auch dort nichts genaues fertigbekommt. Als er Günthers Antennenstandorte vermessen sollte, kam auch nichts dabei heraus.
Ingrid wird heute oder morgen nach Bad Suderode fahren. Mein Telegramm wird sie sicher noch erhalten haben. Vielleicht telegrafiert sie von dort aus. Hauptsache sie hat dort etwas Erholung.
Am 18.2. wird Wassja nach hause fliegen. Einen Brief werde ich mitschicken. Er wird doch etwas früher in Berlin sein als die übrige Post. Alles Wichtige werde ich aber mit dem Schiff mitschicken, da die Sache über Leningrad doch etwas unsicher ist.

06.02.04 (118)

Heute war nicht allzu viel los, da Sonnabend Banja ist. Praktisch wird nur vormittags richtig gearbeitet. Ich habe für Günther die Behälter für die Antennengewichte fertiggemacht und noch diverses Material für weitere Unternehmungen zusammengesucht. Nach dem Mittagessen habe ich die Behälter noch etwas gestrichen. Richtig funktioniert hat das aber nicht, weil die Farbe nichts mehr taugt und auch keine Verdünnung da ist. Hoffentlich kommt mit dem Schiff was mit. Heute kam auch ein Telegramm aus Potsdam, dass wirklich 2 MTLB für uns auf dem Schiff sind und dass die Akademie noch 3 ATT gekauft hat. Dafür fehlen allerdings noch die breiten Ketten.
Heute werde ich wahrscheinlich noch eine Buttercremetorte fertigmachen. Den Teig habe ich mit Kakao gemacht, es soll eine Art Schwarzwälder Kirschtorte werden.
Ansonsten erwarten wir sehnsüchtig das Schiff mit der Post von zu hause. Ein Problem sind die Strümpfe, die Potsdam geliefert hat. Sie taugen überhaupt nichts. Es gibt immer gleich riesige Löcher am Hacken.

07.02.88 (119)

Ich habe mich gegen 21 Uhr zurückgezogen, um endlich mit dem Strümpfestopfen anzufangen. Erst aber wird das Tagebuch geschrieben. Heute habe ich mit Hans an der Walakusche gebaut, aufgeräumt und aus dem Schlittenholz Bolzen herausgebrannt. Da das Wetter gut war, hat es Spaß gemacht, obwohl ich ziemlich müde war. Nachmittags gab es die Torte, sie war wieder einwandfrei. Da das Kuchenmehl knapp wird, werde ich am nächsten Wochenende einen Rosinenkuchen backen. Backpulver haben wir noch, Hefe wird auch knapp. Hoffentlich kommt was mit. Milchpulver haben wir uns von der SU-Station geholt, da wir nur noch 4 Pakete haben.
Von Hans werde ich alte, aber noch intakte Strümpfe bekommen. Das verbessert meine Aussichten erheblich. In dieser Beziehung ist er wirklich ein netter Kerl, wenn wir auch in anderen Dingen manchmal unterschiedlicher Auffassung sind. Aber die Probleme bezüglich umräumen usw. werden gelöst, wenn wir hier allein sind. Zum Abendbrot war ich heute nicht in der SU-Station. Ich war als Wache hiergeblieben und habe mir ein paar Kartoffelpuffer gemacht. Das Kloßmehl geht ganz gut dafür.
Ingrid wird sicher schon auf dem Rückweg nach Berlin sein. Hoffentlich hat sie sich ein bisschen erholt in Bad Suderode. Vielleicht hat sie auch Raidun, die Frau von Fritz, getroffen. Mal sehen, ob in den nächsten Tagen ein Telegramm kommt. Wenn nicht, werde ich etwa zur Monatsmitte ein schicken.

08.03.88 (120)

Der heutige Tag verlief bisher ohne besondere Höhepunkte. Vormittags haben Hans und ich wieder Aufräumungsarbeiten erledigt. Es gab die üblichen Probleme, dass man in der Antarktis nicht wegwerfen sollte, aber einiges flog zum Glück doch in den Müll. In 6 Wochen werde ich sicher nochmals zuschlagen, dann aber richtig. Bei aller Materialknappheit kann man nicht allen Mist aufheben. Das Passende findet man sowieso nicht und irgendeine Lösung findet sich immer.
Nach dem Mittagessen haben wir die Monatsdurchsichten an einem Aggregat gemacht, danach gab es Kaffee. Anschließend passierte nicht mehr viel. Heute Abend wollen wir den 1-jährigen Jahrestag der Abreise der Teilnehmer der 32.SAE feiern, dazu haben wir noch 2 ½ Flaschen Rum von den Indern. Auf dem Rückweg vom Abendessen habe ich erst einmal einen Eimer Eis besorgt, damit wir ordentlich kalte Getränke haben. Es ist jetzt kurz vor 20 Uhr und ich muss jetzt wieder runter in die Station.
Es ist kurz vor 24 Uhr und ich bin von der Feier zurück, obwohl noch etwas Rum vorhanden war. Aber ich will mir hier und überhaupt keine Ausfälle leisten. Heute haben wir endlich auch beim Knoblauch richtig zugelangt, hauptsächlich Ecki und ich.
Auf dem Rückweg bin ich noch auf die Berge gestiegen. Die Sonne steht unterhalb der Gletscher und beleuchtet den Himmel. Wir haben abnehmenden Mond, nur seitenverkehrt zu uns zu hause. Es ist ein phantastisches Bild. Diese Augenblicke allein sind es, die die Strapazen und Entbehrungen rechtfertigen. Es ist wunderschön, so allein auf dem Gipfel zu stehen und die Gewalt der Natur auf sich wirken zu lassen. Und doch sind es gerade diese Augenblicke, in denen ich mich nach hause sehne.