05.11.88 ( 391)

Den ganzen Tag lagen wir heute in, auf und unter der ATT. Das Fahrerhaus ist ab und der Ausbau des Motors vorbereitet. Morgen soll es dann weitergehen.
Konrad hatte heute Geburtstag. Zum Nachmittagskaffee gingen wir nicht, da sich das ganze Umziehen nicht gelohnt hätte. Abends gibt es jetzt noch eine kleine Feier. Die Inder sind auch angekommen und der Colonell wird uns heute Abend auch besuchen.

06.11.88 (392)

Der ATT-Motor ist raus. Es war wieder eine saudreckige Arbeit, aber wir haben es geschafft.
Ich habe es auch durchsetzen können, dass wir mit dem Neueinbau warten, bis der Pochod zurück ist, da das Ausrichten und Anpassen des neuen Motors sehr schwierig ist und wir nicht wissen, worauf genau zu achten ist. Ich werde so auch wieder mit dem Pochod mitfahren können. Den nächsten wird Thomas fahren, nachdem er an der ATT eingewiesen wurde.
Leider kann ich wegen des Pochods Ingrid am 12. nicht anrufen. Wir müssen es auf später verschieben.
Die Wissenschaftler werden auch einen Pochod fahren, mit Traktor und MTLB. So sind alle zufrieden.

07.11.88 (393)

Ein neues Buch musste angefangen werden. Morgen früh geht der nächste Pochod los und zwei unserer Leute fliegen in dieser Zeit nach hause. Also wieder Päckchen packen.
Da ich auch die Tagebücher eingepackt habe, weiß ich nicht einmal, ob die Tageszahl 393 stimmt. Muss ich gegebenenfalls nachträglich ändern.
Heute ist Feiertag und ich habe mich hauptsächlich mit Pochodvorbereitungen beschäftigt. Nebenbei habe ich noch Mittagessen gekocht, da es heute in der SU-Station keins gibt.
Andreas fährt morgen mit den Indern mit und kommt mit unserem Pochod zurück. Außerdem fährt ein Pochod mit dem MTLB und Traktor zur Barriere. Mal sehen, ob alles klappt.
Heute Abend gibt es noch eine kleine Feier in der SU-Station.

08.11.88 (394)

Die Feier war nicht klein, sondern nahm gewaltige Ausmaße an. Es gab zwei Büchsen Bier und 100 g Wodka. An unserer Ecke standen noch ein paar zusätzliche Büchsen. Prof. Pankow spielte Gitarre und wir schmetterten Volkslieder. Es war ein großer Erfolg. Prof. Meier traf einen Hubschrauberpiloten wieder, mit dem er vor 8 Jahren in Drushnaja war. Wir wurden noch in sein Zimmer eingeladen (Meier, Pankow, Gerd der Funker und ich). Da waren noch zwei Flaschen Wodka a 0,5 l dran. Anschließend gingen wir zurück und feierten in einem Container weiter. Trotzdem hatte ich morgens keinerlei Probleme. Tolja hatte am Abend allerdings des guten zuviel getan. Der Pochod ging jedenfalls erst um 12.00 Uhr los. Unser MTLB mit Arthur, Günther Rux, Wilfried und Volker starteten um 1 Uhr. Rux sollte sich die indische Station ansehen. Der MTLB fährt heute noch zurück. Andreas sitzt bei den Indern im Konvoi. Er bleibt vorn und wir nehmen ihn mit zurück.
Ich war schon bis auf 15 km an der Station dran, da wurde ich über Funk zurückgerufen. Die Charkowshanka ist hin.
Die Verbindungsmuffe zwischen Motor und Kupplung hat alle Zähne verloren. Zwei man sind jetzt mit dem MTT auf dem Rückweg zur Station, um Ersatzteile zu holen. Repariert wird an der Barriere. Ich werde die Maschine abschleppen.
Unser alter Doktor ist nicht mehr mit. Es kam überraschend ein Telegramm, dass er nach Drushnaja fliegt. Ich konnte mich nicht einmal verabschieden.
Ich warte jetzt auf den MTLB, der langsam zurückkommen müsste.

09.11.88 (395)

Der MTLB kam etwa um Mitternacht. Alles verlief planmäßig. Der Tag selbst war recht anstrengend. Die 10 musste die Charkowchanka und zwei leere Schlitten schleppen. Im ersten Gang ging das recht gut, nur war es den Freunden zu langsam. Also wurden die beiden Schlitten abgekoppelt und ich schleppte im 2. Gang. Der Motor schaffte es gerade so. Er lief bis auf 100 °C hoch. Zum Schluss ging es doch nur im 1. Gang mit einem Schlitten, da der MTT die vier leeren Schlitten nicht schaffte. Nach 10 Stunden waren wir dann an der Barriere. Abends gab es noch eine Flasche Rum und einen Film. Der neue Doktor kocht leider nicht so gut wie der alte.

10.11.88 (396)

Man verliert hier jeden Überblick über die Zeit. Jetzt bei der Tagebucheintragung merke ich erst, dass heute der zehnte ist und Kathrin Geburtstag hat.
Der neue Doktor kennt sich in der Küche nicht so richtig aus. Ich musste heute füh beim Kochen helfen (Milchreis mit Rosinen).
Aus der Charkowchanka bauten wir Kühler, Lüfter und Getriebe aus. Morgen geht es weiter. Abends gab es den üblichen Film.
Über Funk kam durch, dass der Doktor heute nach Drushnaja abfliegt.

11.11.88 (397)

Heute gerade die laufende Tageszahl nachgerechnet und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich richtig liege. Der 11.10 war der 366. Tag (Schaltjahr), also ist heute der 397, da der Oktober 31. Tage hatte.
Im Moment fühle ich mich etwas schlapp. Wahrscheinlich macht sich die Wühlerei des vergangenen Jahres doch langsam bemerkbar. Vitaminmangel kommt bestimmt auch noch hinzu. Zum 31.12. werde ich auf jeden Fall alles übergeben. Das sind nicht einmal mehr zwei Monate. Die Arbeit geht dann zwar weiter, aber die Verantwortung ist geringer.
Heute haben wir aus alten ATTs ausgebaut, was wir für die Reparatur benötigen. Habe auch einen Kompressor geborgen, den ich mir vielleicht mitnehmen werde. Ansonsten passiert im Moment nicht viel. Das Wetter ist herrlich und windstill.
Gestern bin ich von der ATT geflogen, heute tut mir der rechte Daumen weh.

12.11.88 (398)

Heute wollte ich eigentlich telefonieren. Geburtstag ist außerdem, aber ich sitze hier an der Barriere. Heute mal kein Sonnenschein, sondern das ekelhaft trübe Wetter, bei dem man überhaupt nichts sehen kann. Die Eisberge sind wieder schön blau, dafür blendet der Schnee.
Wir haben an der ATT weitergearbeitet, aber sehr sehr langsam. Ich habe mir aus so einem Wrack noch einen Verdichter (10 bar) ausgebaut und gereinigt. Den werde ich mir zu hause aufbauen. Einen neuen AK 150 werde ich auch noch bekommen.
Wir hatten jetzt drei Tage keine ordentliche Funkverbindung. Mal sehen, wie es weitergeht.
Dem neuen Doktor haben wir, eigentlich ich, zu verstehen gegeben, dass es nicht erforderlich ist, drei Tage lang eine Sorte Kascha (Brei) zu essen. Mal sehen, ob er sich bessert.
Einen Film wird es wohl heute auch noch geben.
Es war abends noch sehr lustig. Tolja öffnete die Tür der Elektrostation in der Charkowshanka, damit das Aggregat nicht zu heiß werden sollte. Dabei übersah er, dass Serjosha auf der Toilette saß, um einen Film einzulegen. Jedenfalls war durch die geöffnete DES-Tür die Toilettentür blockiert und Serjosha kam nicht heraus und konnte den Sonnenuntergang nicht fotografieren. Nach dem Ende des Abendfilms wurde er befreit.

13.11.88 (399)

Heute war das Wetter wieder gut, aber dafür war es kälter. Wir bauten die ATT weiter zusammen. Eigentlich sollten wir uns plötzlich beeilen und fertig werden, aber wenn man alte Teile montiert, dann gibt es immer wieder Überraschungen, meist unangenehme. Für morgen blieben noch der Kühler und ein paar Kleinigkeiten übrig.
Ärger hatten wir auch mit dem Kran. Die Steuerung funktionierte plötzlich nicht mehr. Nach eingehender Untersuchung stellten wir fest, dass am Schaltkasten keine Masseleitung zur Fremdeinspeisung war. Es hatte bisher nur funktioniert, weil der Schlitten, auf dem der Kran steht, bisher an der Charkowshanka, in der der Generator steht, fest angekoppelt war. Ein Stahlseil brachte schnell Abhilfe.

14.11.88 (400)

Ich weiß heute wirklich nicht, womit ich beginnen soll und so bleibt als einfachste Lösung die zeitliche Reihenfolge, die aber in keiner Weise der Bedeutung der Ereignisse entspricht.
Wir haben heute die Reparaturen beendet und das Fahrzeug fährt wieder. Für lange Zeit durfte ich wieder meinen Lieblingsplatz rechts auf dem Öltank neben dem Motor einnehmen und Schrauben festziehen. Abends unternahmen Sergej und ich einen ausgedehnten Spaziergang auf dem Meereis und zu den Pinguinen. Es war herrlich und vielleicht mein Abschied von der Barriere. Wenn man diese Schönheit der weißen Landschaft erlebt, könnte man sich hinsetzen und heulen. Es überwältigt einen immer wieder und wenn man es selbst nicht gesehen hat, kann man es nicht begreifen.
Als wir zurückkamen, waren die Inder mit Andreas da. Sie waren von Ihrer Station die 15 km gelaufen. Ein Fahrzeug mit Balog war natürlich mitgefahren. Es gab Rum und Hühnchen. Gestern war auch der wissenschaftliche Pochod gestartet. Übermorgen wird er hier sein.