06.09.88 (331)

Mal wieder ein normaler Arbeitstag. Morgens standen wir 30 Minuten früher auf, um die Inder zu verabschieden. Es war sehr kalt und windig. Ich bin den ganzen Tag nicht richtig warm geworden. Fritz hatte in der Station Dienst und ich habe in der DES gearbeitet, den kleinen Generator fertiggemacht und sonst noch ein paar Kleinigkeiten erledigt. Abends kam Günther mit der Nachricht, dass morgen die ATT in die Garage kann. Mittags hatte der Leiter der SU-Station noch etwas anderes gesagt. Fritz soll mitmachen, um die Maschine kennenzulernen. Viel wird dabei wahrscheinlich nicht herauskommen, da für drei Mann bei der Arbeit kaum Platz ist. Aber mal sehen.

07.09.88 (332)

Heute war der entscheidende Tag für die ATT. Fritz hatte früh noch in der DES zu tun, ich ging schon rüber in die SU-Station, um die Maschine vorzuwärmen und in die Garage zu fahren. Das gab erhebliche Probleme, da die Akkus schon wieder ziemlich runter waren. In der Garage begann ich dann, einiges zu demontieren. Serjosha sah und hörte sich dann den Motor an. Nach dem Mittagessen ging ich erst zurück zur Station, um mit Kathrin zu telefonieren. Als ich zurück war, stand die ATT bereits wieder draußen. Fritz hatte inzwischen geholfen und mal den ganzen Dreck kennengelernt. Da er schlecht russisch versteht, gab es natürlich Probleme.
Die ATT ist jedenfalls hin, wahrscheinlich ein Kolben durchgebrannt oder durch ein defektes Ventil beschädigt. Ein neuer Motor kommt erst mit dem Schiff.
Mit der "10" fuhr uns Serjosha noch zwei Tankschlitten in die Station. Auch das war sehr schwer und dauerte zwei Stunden. Es war mehrmals erforderlich, Trossen umzuhängen und die Schlitten auch seitlich zu ziehen. Da konnte Fritz mal sehen, wie schnell und schwer man beim Pochod arbeiten muss. Gefallen hat es ihm nicht.
Abends gab es noch Kino, aber ich war zu müde, um es mir bis zum Ende anzusehen.

08.09.88 (333)

Heute wieder Küchendienst, also nichts besonderes, Zwischendurch habe ich noch den Doktor besucht, um die vierteljährliche Untersuchung zu absolvieren. Alles OK.
Weiterhin habe ich mir die MTLB angesehen, da das die nächste Aufgabe sein wird. Fritz hat viel Mist von großen Kabelbäumen erzählt, dort liegt aber nur das dicke Kable vom Anlasser, drei dünne für den Öldruck, ein dünnes vom Anlassermagneten und ein sinnloses, das den Kurzschluss verursacht hat. Mal sehen, wie das alles wird.

Nachtrag!

Steffen und Claus kamen nicht rechtzeitig von der Wanderung zurück und auch der Funkkontakt klappte nicht. Um 18.00 Uhr etwa brach unser Suchtrupp auf. Ich konnte nicht mit, da ich Küchendienst hatte. Ich hielt dort den Kontakt zum sowjetischen Stationsleiter. Um 19.30 Uhr wollten die Russen mit Fahrzeugen und großer Mannschaft los, 5 Minuten vorher trafen Steffen und Claus ein. Steffens Nase hat Schaden genommen. Ursache war wieder Steffens Disziplinlosigkeit bezüglich des Einhaltens des Rückehrtermins und die Überschätzung der eigenen Möglichkeiten. Es hätte sehr schlimm ausgehen können. Der Weg war für die zur Verfügung stehende Zeit viel zu lang und sie ließen sich noch um 14.00 Uhr auf einen gefährlichen Abstieg zum Schelfeis ein. Der Rückweg war auf diesem Weg nicht möglich, und auf dem welligen Schelfeis kann man nicht laufen. Das weiß Steffen, denn wir waren im Sommer an einer anderen Stelle auch unten. Bei der späteren Diskussion hat er das aber nicht eingesehen.
Abends gab es wegen des glücklichen Ausgangs Bier und ich spendierte eine Flasche Schnaps.
Die Jungs, zumindest einige, begreifen nicht, dass das hier kein Touristenzentrum ist und dass man manche Fehlentscheidungen unter Umständen mit dem Leben bezahlt. Was diese Dinge angeht, kann und muss man von den Russen lernen. Ich dürfte in diesen Dingen hier die meiste Erfahrung haben und bin deshalb wahrscheinlich auch eher zu vorsichtig. Das habe ich unter anderem auch von Molo gelernt, der bestimmt kein Feigling ist, sich aber immer äußerst vorsichtig verhalten hat.

09.09.88 (334)

Wieder ein sehr schöner Tag, da ich mit Ingrid telefonieren konnte. Ich freue mich wirklich riesig, wie gut sie alles zu hause im Griff hat. Das im Betrieb alles gut läuft, beruhigt mich sehr, dann ist der Stress wenigstens nicht so groß. Ich bin wirklich sehr stolz auf sie. Heute habe ich von ihr auch erfahren, dass ich auf jeden Fall bis März in der Station bleibe. Offensichtlich hat sich der Einsatz gelohnt. Die Arbeit macht gleich viel mehr Spaß.
Da ich heute Nachtdienst habe, konnte ich nur vormittags arbeiten. Ich tankte, prüfte noch ein paar Fässer, buddelte die hintere Klappe der DES frei und schaffte das volle Altölfass raus. Dann kam der MTLB dran. Nach gut einer Stunde war alles geklärt, was Volker und Fritz bisher nicht geschafft hatten. Der angeblich große beschädigte Kabelbaum war, wie ich bereits vermutete, nur das Anlasserkabel und das war OK. Das dünne Kabel zum Magneten des Anlassers war hin, ich schnitt es auf und legte eine provisorische Leitung und der Anlasser funktionierte wieder. Weiterhin schnitt ich die verbrannten Kabel des Druckgebers heraus. Von Serjosha bekam ich ein paar Kabelenden, ein neuen Stecker habe ich gerade eingebaut. Die Lichtmaschinenerregung war in Ordnung, nur die Kontrollampe defekt. Ich nahm die von der Blinkeranzeige, die wird hier nicht benötigt. Manchmal glaube ich doch, dass ich ein schlaues Kerlchen bin.
Mittags schaltete ich um, wechselte Öl, spülte die Einspritzpumpe. Das dauerte ca. 45 bis 50 Minuten einschließlich säubern der DES. Ich weiß auch nicht, warum sich Fritz damit so lange aufhält.
Nach dem Telefonieren schlief ich etwas, ging dann zum Abendessen und in die Banja. Jetzt habe ich meinen Nachtdienst. Fritz, Claus und Steffen sind noch drüben und feiern einen Geburtstag. Also werde ich noch lange keine Ruhe haben. Nachts werde ich wie immer Brötchen backen. Meine Brötchen sind berühmt in der Oase.
Es ist jetzt ½ 3 und langsam werde ich müde. Hefe und Mehl stehen auf der Heizung und um 3 Uhr werde ich wohl den Teig anrühren.
Gestern sprach mich Tolja an, ob ich Lust hätte, auch den nächsten Pochod zu fahren. Ich sagte natürlich ja, weil das wirklich das Größte ist. Er wird das mit dem Stationsleiter Schirschow klären, dass ich wieder unbedingt benötigt werde. Hinzu soll ich die "10" fahren, zurück einen Kirowez, einen großen Radschlepper. Günther wird zwar sauer sein, aber dass ich da mitmische, weiß er ja nicht und schließlich holen die Jungs ja auch unseren Diesel. Ein Besuch bei den Indern ist dann auch wieder fällig.
Die Entscheidung, bis zum März hierzubleiben, ist mir auch nicht ganz so leicht gefallen. Es zieht einen doch nach hause. Andererseits will man auch noch was erleben, evtl. auch noch die Schiffsreise. Außerdem würde man jetzt von einem Winter in den nächsten kommen und so erfreulich ist das auch nicht.
Hoffentlich bekommt Ingrid eine schöne Reise, damit wir uns zusammen gut erholen können, verdient haben wir es jedenfalls beide.

10.09.88 (335)

Zweiter und letzter Tag der Nachtschicht. Ich schlief bis ca. 12.00 Uhr und stand dann auf, um zum Mittagessen zu gehen. Lust hatte ich keine, aber ich wollte mir die Kabel für den MTLB holen. Als ich zurück war, baute ich sie ein, erst einmal nur mit Lüsterklemmen, um alles auszuprobieren. Das dauerte wegen der Kälte doch einige Zeit und ich musste zeitweise auch wieder unter der Maschine liegen. Das Löschpulver aus dem Feuerlöscher hat es auch in sich, es ätzt und man muss sehr vorsichtig sein, besonders wenn man unter dem Fahrzeug liegt. Um 15.30 Uhr war ich fertig. Nach dem Kaffeetrinken legte ich mich noch hin und schlief knapp zwei Stunden. Danach ging es wieder zur SU-Station zu einer kleinen Feier. Dort erfuhr ich von Tolja, dass Günther wieder versucht, Fritz den Pochod fahren zu lassen. Tolja will das nicht, da ich alles kenne und auch als Dolmetscher gebraucht werde. Mit Fritz kann er sich kaum verständigen. Mal sehen, wie das alles ausgeht. Steffen hat auch versucht, sich mit seinen Messungen an den Pochod ranzuhängen, allerdings ohne vorher mit Günther zu reden. Unser Balog sollte mit, den brauchen wir aber hier. Günther hat auch festgestellt, dass die ganze Aktion gar nicht in Steffens Programm drin ist. Da Steffen stellvertretender Expeditionsleiter ist, ist sein Vorgehen etwas seltsam. Morgen gibt es auch noch einen Brief von Ingrid. Ich backe jetzt gerade einen Streuselkuchen. Hoffentlich wird er gut.

11.09.88 (336)

Heute früh war ich hundemüde und ging gleich nach dem Wecken ins Bett und schlief bis 13.45 Uhr. Danach eine Tasse Kaffee und eine Kostprobe vom Streuselkuchen, der ganz ausgezeichnet geworden ist. Dann ging ich wieder in den MTLB. Der Motor sprang gut an , nur mit dem Öldruck gibt es Probleme. Es kann sein, dass der Geber nicht zum Messgerät passt. Nach dem Kaffeetrinken baute ich noch etwas weiter, aber ohne das gewünschte Ergebnis. Abends prüfte ich noch das Kabel vom Geber durch und kennzeichnete die Leitungen entsprechend des Schaltplanes. Morgen geht es im Fahrzeug weiter. Von der SU-Station erhielt ich noch den Auspuff für den kleinen Generator. Erst einmal ist alles nur geheftet, wenn er passt, wird es richtig verschweißt. Brief kam noch nicht wegen Magnetsturm.
Heute gibt es noch eine längere Versammlung, mal sehen, was es wird.

12.09.88 (337)

Die Versammlung war noch sehr interessant, es ging um den Pochod. Ich habe mich eindeutig dagegen ausgesprochen, mit dem Traktor zu fahren, da er unser letztes Zugfahrzeug ist und unter den Bedingungen da draußen mit ungeschultem Personal extrem gefährdet ist. Es sollen jetzt noch Verhandlungen mit der SU erfolgen. Ich hatte dann heute ein Gespräch mit Tolja in dem ich ihn über einiges informiert habe.
Fritz habe ich die Sache mit Pochod und Päckchen gesteckt, da er einen Brief erhalten hatte, in dem nur von einem Päckchen die Rede war. Er erzählte dann, dass Meier von Anfang an gesagt hatte, dass er eventuell im Oktober zurück muss. Heute früh wurde kurzfristig ein Traktorlehrgang angesetzt, wobei Steffen sich wie immer wieder schön rausgehalten hat.
Ich habe heute den MTLB bis auf das Schließen der Bodenluke fertig bekommen. Auch der Fehler in der Heizung ist beseitigt, dort war ein Stift in einem Stecker abgebrochen. Zum Glück war ein anderer frei, so dass ich austauschen konnte. Jetzt geht es wieder an den Kran, dann an den zweiten MTLB.
Heute ist noch Kino, DDR-Indianerfilm.

13.09.88 (338)

Der heutige Tag war, was das Wetter angeht, ruhig und warm. Der Abschluss entsprach mehr dem Datum. Aber erst einmal zu den erfreulichen Dingen.
Der MTLB ist nun endlich sauber und aufgeräumt, morgen kommt die Probefahrt. Danach werde ich, wenn mal wieder etwas Zeit ist, noch zwei Schlauchverbindungen prophylaktisch austauschen. Unangenehm war wieder nur das liegen unter dem Fahrzeug.
Nachmittags ging es an den Kran. Das Ausbauen der Einspritzdüsen gab auch einige Probleme auf, da sie recht fest saßen. Wann sie vorher mal ausgebaut wurden, steht in den Sternen. Anschließend kam Öl in die Zylinder und der Motor wurde ein paar mal durchgedreht. Nach dem Kaffeetrinken baute ich alles zusammen. Morgen kommt der Startversuch. Zwischendurch erledigte ich noch das Umschalten und einen Ölwechsel.
Abends gab es das Gespräch mit Tolja über Steffens Messfahrt. Steffen hatte, obwohl wir bei der letzten Versammlung extra darauf hingewiesen hatten, es nicht zu tun, wieder private Vorschläge vorab mit Tolja besprochen. Er schlug vor, den MTLB mitzunehmen, obwohl schon mehrfach gesagt wurde, dass der bis zur Ankunft der Leute nicht mehr rausfährt. Da war Günther verständlicherweise sauer. Der Traktor war Tolja zu unzuverlässig und gefährlich. Außerdem konnte er nicht garantieren, bei einem Schaden Traktor und Balog mit seinen Maschinen zurückzubringen. Er würde ihn aber mitnehmen, sagte er, wenn Fritz als Mechaniker den Traktor fährt. Fritz sagte klar nein, was für mich sehr verständlich ist. Ich hatte bereits vorher gesagt, dass ich mich zu dieser Jahreszeit nicht 10 Stunden in den kalten Traktor setzen werde. Draußen sind immer noch sehr häufig -30°C. Weiterhin hat der Traktor kein Funkgerät und die Energieversorgung im Balog klappt nur bei gutem Wetter. Steffen wurde noch angeboten, beim nächsten Pochod mit einem MTT mitzufahren, wobei es noch eine Unsicherheit wegen der Reparatur gibt. An der Stelle war dann mit Steffen nicht mehr zu reden. Er will immer nur mit dem Kopf durch die Wand und auf unsere Kosten. Er hatte bereits 35 km von der Oase entfernt gemessen. Dass das Gerät kaputt gegangen ist, kann er uns nicht anlasten. Mit dem MTLB ist er dann auch recht sorglos umgegangen und mit schlecht eingestellter Lenkung gefahren. Er sagte damals, mit Gewalt konnte er noch lenken. Jedenfalls ist der Ärger jetzt da. Zum Glück ist Günther bezüglich der Fahrzeuge hart geblieben.

14.09.88 (339)

Ein neuer Nachtdienst und ein neues Heft. Die Dienste bringen den ganzen Ablauf durcheinander und besonders der Nachtdienst raubt viel Zeit und man braucht wieder zwei Tage, um richtig in Tritt zu kommen. Am Nachmittag vor der Nachtschicht kann ich höchstens zwei Stunden schlafen, dann bin ich wieder wach. Hinterher bringe ich es auf etwa fünf Stunden, wenn alles klar geht.
Heute hatten wir die erfolgreiche Probefahrt mit dem MTLB. Leider ging dann die Lampe "Filterreinigung " an. Da wir bisher immer Ärger mit dem Getriebe hatten, suchten wir dort und auch in den Schaltplänen und fanden nichts. Im Bett hatte ich am Nachmittag den richtigen Einfall, dass es auch der Ölfilter am Motor sein könnte. Dort ist zwar kein Messgerät, aber es hing ein loses Kabel rum. Das hatte ich bei den Reparaturen bemerkt. Nach dem Abendessen kletterte ich mit der Taschenlampe schnell noch einmal rein und siehe da, das war der Fehler. Das Kabel hatte Masseschluss. Wieder ein Problem weg.
Den Kranmotor habe ich nicht gestartet bekommen. Nach Überprüfung der Schmieranlage stellte ich fest, dass die Ölpumpe nicht fördert. Jetzt muss die Ölwanne abgebaut werden, um die Ursache zu suchen. Hoffentlich lässt es sich reparieren und die Kurbelwellenlager sind noch ganz.
In der Nachtschicht habe ich bereits einen Streuselkuchen mit Kirschen gebacken (mit Steinen). Die Hefeteige gelingen mir ganz ausgezeichnet. Außerdem gibt es wieder frische Brötchen.

15.09.88 (340)

Der Streuselkuchen mit Kirschen war große Klasse, hat allen sehr gut geschmeckt. Heute schlief ich bis mittags und arbeiteten dann am MTLB. Bei den einen isolierte ich die eine Leitung und baute innen alle Verkleidungen wieder an, beim zweiten brachte ich beide Heizungen wieder in Ordnung. Eine war total vereist.
Dann bin ich an die Arbeiten am Getriebe gegangen. Leider bekam ich die Große Mutter (SW 46) nicht vom Lenkkupplungsgehäuse ab. Ich hatte sie erst einmal mit Anti-Rost-Spray eingesprüht und werde es morgen noch mit Wärme probieren.