10.03.88 (151)

Morgen soll die Somov endlich an der Barriere sein und dann sollen auch die Hubschrauber kommen. Als erste werden Reiner und Molo zur Barriere fliegen, Steffen und ich als letzte. Die Einteilung ist mir sehr lieb, da ich dann etwas mehr Zeit haben werde, um Fritz einzuarbeiten.
Ansonsten war es heute recht kalt und windig. Vormittags fuhr ich mit Reiner los, um leere Fässer vom Oaseneingang zu holen. Wir nahmen den Traktor mit Hänger und Schlitten. Es war eine ziemliche Schinderei, da in den meisten Fässern schon Eis war. In der Station bohrte sich dann noch der Schlitten beim Rückwärtsfahren in den Boden und die Zugstange knickte ab. Das habe ich aber nach dem Mittagessen gleich repariert. Diesmal nahm ich Vollmaterial und das wird halten. Außerdem verlegten Günther und ich die Meßleitung unter die Erde, so daß die Durchfahrt endlich frei ist. Langsam muß ich mir doch Gedanken machen über die Sachen, die ich zum Pochod mitnehme. Wahrscheinlich werde ich meinen Seesack mitnehmen. Auf jeden Fall kommt übermorgen die Post.
Heute erhielt Robby einen Brief , der über Moskau und Molodhjoshnaja ankam. Es kam auch ein Brief, der für die Station "Georg v. Neumayer" bestimmt war. Was wir mit dem machen, wissen wir noch nicht.
Heute gab es zum Abendessen endlich wieder mal frische Kartoffeln. Sie waren offensichtlich mit dem Flugzeug aus Moskau gekommen. Kartoffeln mit Butter und Salz waren wirklich ein Genuß, obwohl wir sie zu hause besser kochen.
Heute Abend sah ich auch mein erstes Polarlicht. Es waren erst 2, dann 3 milchig grüne Streifen., die sich bogenförmig über den Himmel zogen. Dazu das glitzernde Eis im Mondlicht. Es war beeindruckend.


11.03.88 (152)

Der erste Mann von der Somov war hier. Diemar Haendel besuchte und für ein par Stunden.. Morgen kommen die ersten drei, darunter auch Fritz.
Der Tag fing ganz gemütlich an. Für den Aufbau des Funkcontainers schweißte ich Fässer auseinander. Diese Arbeit beschäftigter mich bis zum Mittagessen. Dort erfuhren wir, daß der erste Hubschrauber unterwegs sei. Nach einiger Wartezeit kam er dann auch. Post brachte er kaum mit, nur einige dienstliche Briefe. Fritz hatte zu hause noch einen Blinddarmdurchbruch. Es ging gerade noch gut. Auch auf der Fahrt gab es noch einen Unfall wegen des Seegangs. Steffen hatte mit Dietmar ein privates Gespräch, und hörte er einige Dinge, die offiziell nicht zur Sprache kamen. Es gab zwei Gruppen auf dem Schiff, eine war Dietmar und Volker, die andere der Rest. Ich bin gespannt, wie sich die Sache mit Fritz entwickeln wird. Abends gab es noch einen kleinen Abschiedsumtrunk, denn Reiner und Molo werden morgen fliegen.


12.03.8 (153)

Die Ankunft unserer ersten 3 Leute fiel ins Wasser oder, besser gesagt, in den ersten heftigen Schneesturm dieses Winters (30 bis 35 m/s). Trotzdem waren Günther und ich zweimal in der SU-Station zum Essen. Wir wollten mal die Bedingungen kennenlernen. Nach dem Rückweg gegen den Wind waren wir im Gesicht jedes mal voll vereist. Trotzdem war es herrlich.
An arbeiten war nicht viel zu denken. Ich habe die DES und die Werkstatt aufgeräumt und gesäubert. Da heute auch Banja-Tag war, reichte das auch.
Die ersten Geburtstagstelegramme kamen aus Bad Suderode und vom Betrieb. Heute werde ich auch noch den Brief von Hermichen beantworten und noch ein paar Zeilen an den Betrieb schreiben. Mal muß man auch früher ins Bett.
Wir befürchten hier nur, daß es durch den Schneesturm und der damit verbundenen Verzögerung der Ladung zur Hektik kommt und wir kaum Zeit haben werden, die Post zu beantworten. Wenigstens an Ingrid würde ich gern schreiben. Sobald der Sturm vorbei ist, muß ich wieder die Raupen klarmachen und Schnee schieben, damit alles frei bleibt. Andere Arbeiten werden liegenbleiben müssen. Dafür bekommt Fritz einen langen Zettel, was zu erledigen ist. Der Schnee hat auch Vorteile, die Trasse dürfte dadurch besser zu befahren sein.
Heute ist übrigens der fünfte Monat seit unserer Abreise vergangen.

13.03.88 (154)

Es ist zum Heulen, der Schneesturm wütet immer noch mit gleicher Stärke. Außer ein paar Routinearbeiten bleibt alles liegen. Draußen haben sich auch schon entsprechende Schneewehen aufgebaut. Zum Mittagessen waren wir noch in der SU-Station, Abendessen fiel aus. Dafür gab es um 20.00 Uhr noch einen Film. Filmvorführer war diesmal ich, es hat alles geklappt. Sonst gibt es eigentlich nichts mehr zu berichten, man sitzt jetzt viel rum und schlägt die Zeit tot. Zumindest habe ich den Füller wieder schreibfähig bekommen., das ist doch eine große Erleichterung. Mal sehen, ob der Sturm morgen etwas nachlässt, damit wieder was geschafft wird. In der nächsten Nacht habe ich auch noch Nachtdienst, aber nur für eine Nacht.


14.03.88 (155)

Der Wind ist geblieben, nur der Schnee ist weniger geworden. Schneefegen ist noch angesagt, d.h., der Schnee wird durch den Wind durch die Gegend geblasen und wenn der nachgelassen hat, können wir schippen. Da ich mit Nachtdienst dran bin, habe ich nachmittags geschlafen. Vormittags war ein Keilriemenwechsel dran. Abends gab es wieder Kino, mir macht die Vorführerei wenig Spaß und ich werde die Sache höchstens im Wechsel mit einem anderen durchführen, insbesondere deshalb, weil ich mir kaum alle Filme ansehen werde. In der Nacht habe ich Büroarbeiten erledigt, d. h., ich habe mir einen Hefter für die ganzen notwendigen Dinge angelegt.
Die Erbsensuppe ist fertig und jetzt müssen nur noch die Mohnbrötchen und Salzstangen in den Ofen, damit es endlich wieder was anständiges zu essen gibt. Diesmal habe ich die russische Hefe hoffentlich in den Griff bekommen.

15.03.88 (156)

Die Brötchen und Salzstangen waren hervorragend, die Sache mit der Hefe klappt. Der nächste Versuch wird der Versuch eines Hefe-Rührkuchens mit Rosinen sein. Wenn auch das alles gut geht, ist alles klar.
Der Wind war schon auf 20 m/s zurückgegangen, dann fiel der Luftdruck wieder und jetzt sind die üblichen 30 bis 35 m/s. Langsam wird man doch unruhig.
Heute habe ich bis gegen 16.00 Uhr geschlafen, bin später zum Essen in die SU-Station gegangen und habe abends noch einen Kuchen gebacken. Morgen ist unser 150. Tag in der Antarktis und da braucht man einen Kuchen.
Molo hat mit der Raupe Schnee geschoben, bis der Schiebeschild nicht mehr richtig arbeitete. Außerdem muss die Kupplung wieder mal nachgestellt werde. Es gibt eben immer was zu tun. Hoffentlich wird das Wetter bald besser.
Der abendliche Rückweg zu unserem Haus gegen den Wind ist nicht ohne Tücken. Man kann durch den Treibschnee kaum was sehen. Folglich blieb ich an einem Stein hängen und knallte aufs Knie. Tut etwas weh, geht aber. Außerdem ist festgelegt, dass wir uns auf jeden Fall telefonisch an- und abmelden. Trotzdem jetzt sehr oft viel Wind war und auch der Container wackelte, konnte ich gut schlafen. Die Sache mit den vielen Medikamenten, die man uns vor unserem Start eingeredet hatte, scheint mir übertrieben zu sein. Ich hoffe, alles bleibt so.

16.03.88 (157)

Es ist zum Heulen, auch an unserem 150. Tag in der Antarktis bessert sich das Wetter nicht.
Der Wind ging tagsüber zwar kurz auf 20 m/s zurück, kurz darauf fiel der Luftdruck wieder und die Windgeschwindigkeit stieg wiederum auf 30 bis 35 m/s mit Schnee. Wir kriegen also weder unsere Leute noch die Post her. Trotz der Witterung ging ich mittags und abends zum Essen in die SU-Station.
Der Füller streikt wieder mal und ich habe ihn mit etwas Spiritus gereinigt. Mal sehen, ob es hilft.
Das Rausgehen bei diesem Wetter ist für mich auch eine Art Training und es ist auch faszinierend, sich durch den Schneesturm zu kämpfen. Wir gehen selbstverständlich zu zweit und richten uns den Weg entsprechend der Windrichtung ein, dass er möglichst ungefährlich ist. Man rutscht doch schnell mal aus.
Meinem Knie geht es auch schon wesentlich besser. Morgen wird wohl alles wieder OK sein.
Gearbeitet wird jetzt kaum was. Eigentlich müsste aufgeräumt und das Lager für die neuen Vorräte vorbereitet werden, aber unser lieber Expeditionsleiter liegt lieber faul rum. Für alle wäre es sicher besser, wenn es endlich losgehen würde.
Steffen und ich, wir haben uns schon um 20.30 Uhr zurückgezogen, um noch einige Arbeiten zu erledigen. Ich habe die beiden Karten der untersuchten Seen für Hermichen kopiert und werde jetzt noch ein paar Näharbeiten erledigen sowie ein paar Telegramme vorbereiten und an Ingrid schreiben.

17.03.88 (158)

Der Sturm hat endlich aufgehört, das Barometer ist in den letzten 6 Stunden um 16 mbar gestiegen. Hoffentlich hält sich das Wetter. Bevor es aber dazu kam, ging es noch einmal rund. Günther und ich gingen zum Mittagessen bei gut 30 m/s los und auf dem Rückweg erwischten uns sage und schreibe 42 m/s. Manchmal ging es dabei einfach nicht vorwärts, aber wir kämpften uns durch. Es war interessant, mal festzustellen, was möglich ist. Nachmittags bzw. abends kam dann noch einmal Schnee mit Temperaturen von fast 0° C (nachts waren Temperaturen über 0°, anschließend war alles mit Eis überzogen. Die Station sieht jetzt sehr schön eingeschneit aus, da durch die hohen Temperaturen der Schnee kleben bleibt. Ein paar Fotos müssen noch gemacht werden.
An Ingrid habe ich ein Telegramm abgeschickt, für Gundlachs liegt eins für den 30.3. bereit. Hoffentlich kommt bald Post.
Heute Abend habe ich noch mit Ecki und Reinhardt Skat gespielt, Günther las und die anderen spielten Doppelkopf. Jetzt werde ich noch etwas lesen.

18.03.88 (159)

Es ist wirklich zum Lachen, der Wind ist heute so stark wie zuvor (max. 37 m/s), also wieder kein Hubschrauberwetter. Wir (Günther und ich und einmal Ecki) waren wieder essen in der SU-Station. Kurt meint, er ist nicht so blöd, bei solchem Wetter rauszugehen, das Brot, was wir immer mitbringen, isst er aber auch. Er kann einem ganz schön auf den Senkel gehen.
Vormittags gab es für mich Arbeit. Ich habe mir zum wiederholten mal den Batterieumschalter vorgenommen und nach umfänglichen Prüfungen den Fehler gefunden. Eigentlich nur Kleinigkeiten, die nur hin und wieder auftraten, ein vergammelter Kontakt an der Batterie und eine nicht ganz ordnungsgemäße Sicherung am Umschalter. Ich bin gespannt, wie Fritz damit fertig werden wird, der kaum ein Messgerät ablesen kann, geschweige mit einer Schaltung fertig wird. Ich hoffe nur, dass Günther als künftiger Stationsleiter die kleinen Unterschiede bemerkt.
Ansonsten gab es heute noch Kino. Kurt zeigte eine bunte Mischung, darunter auch einen SU-Film über die Flotte im Mittelmeer mit englischem Kommentar. Habe alles gut verstanden. Auch mit der russischen Sprache geht es langsam besser. Fehlen tun mir die Post und die Familie.

19.03.88 (160)

Heute ist es uns endlich mal gelungen, uns bereits um 20.0 Uhr unten abzuseilen. Mein Apfelkuchen für morgen ist auch schon fertig. Heute hatte der Wind etwas nachgelassen, er lag so bei 20 m/s, aber mit Schnee. Vormittags schippte ich draußen Schnee hinter der DES. Viel Sinn hatte es nicht, aber vielleicht sammelt sich dadurch nicht zuviel an und wird auch nicht so hart. Molo hat mit der Raupe wieder Wege freigeschoben.
Nach dem Mittagessen war wieder Banja dran, anschließend Ölwechsel. Dann baute ich die an der Außenseite der DES befindliche Ölpumpe ab und befestigte sie innen. Ich brauche sie, um Öl umzupumpen und draußen vereiste sie völlig. Sie bekam auch gleich richtige Anschlusskabel und so hört nun auch die Hantiererei mit den Verlängerungen auf.
Ich ging dann noch zum Abendessen. Es gibt jetzt auch noch Gerüchte, dass der Flug ab Buenos Aires ausfällt. Das bedeutet, dass die Post erst Mitte Juni ankommt. Mal sehen, wie alles wird.
Ich habe noch einen sehr netten Abend mit Steffen verlebt, viel gequatscht und einen Tee mit Sprit getrunken (d. .h eigentlich 2).Jetzt ist es kurz vor 24.00 Uhr und wir gehen schlafen.