Freitag, 11.12.87 (61)

Wir betankten noch die Fahrzeuge mit Diesel und mit Öl. Dazu wurde das Ölfaß mit einem ordentlichen Feuer angewärmt, um es pumpfähig zu bekommen.
Dann ging es wieder los. Wir fuhren bis zur Kreuzung, wo die 18 stand. Dort wurde wieder ein Faß Öl angewärmt, um die 18 zu versorgen. Das alles geschah schön in Sichtweite der indischen Station. Dort angekommen, gab es erst einmal Arbeit. Die Inder hatten Schlitten freigeschoben, die im Schnee versunken waren und wir versuchten, sie rauszuziehen, da sie auch noch angefroren waren. Von 2 Schlitten wurden die Zuggabeln dabei abgerissen und ebenfalls eine Panzertrosse zerstört. Mit etwas mehr Überlegung wäre das nicht notwendig gewesen, aber das nimmt niemand besonders tragisch.
Die Inder haben eine sehr gute Technik, aber kein schweres Zuggerät. Dafür ist alles sauberer. Wir fuhren auch mit kleinen Motorschlitten rum und es gab Cola aus Büchsen.
In der Station habe ich mir alles wesentliche angesehen, und da ich der Einzige war, der gut englisch sprach, hatte ich auch guten Kontakt mit den Leuten. Es wurde ein ausgezeichneter Rum serviert und vom Videogerät gab es Pornofilme.
Ich habe mich dann lieber vom Doktor der Inder bewirten lassen. Es gab einen ganz vorzüglichen Reis mit Fleisch, Gemüse, Gewürzen, Joghurt und eisgekühlter Mango. Die sowjetischen Freunde hatten daran kein Interesse. Ich finde aber, dass gerade das etwas andere Essen eine echte Bereicherung ist.
Da die indische Station langsam im Eis versinkt, wollen sie in diesem Jahr in der Oase am See Sub eine neue errichten. Dafür soll quer durch die Oase eine Straße gebaut werden. Das ist für mich interessant, da der Sub einer der zu betauchenden Seen ist. In 10 Tagen kommt das indische Schiff und dann soll es losgehen.
Die indische Station ist sehr modern eingerichtet, Zentralheizung ölgefeuert, E-Aggregate von Magirus-Deutz, Fahrzeuge aus der Schweiz und den USA.
Gegen 23.00 Uhr verlasen wir die Station.

Sonnabend, 12.12.87 (62)

Der Tagesanfang verläuft wie üblich. Gegen Mittag starten wir zur Rückfahrt. Die 18 läuft im 2. Gang mit 1700 1/min., d. h., etwa 10 km/h. Das ist recht schnell.
Ca. 20 km vor der Oase liegt noch ein 50m³-Vorratsbehäter für Diesel. Der musste auch noch mit. Die 10 übernahm meine beiden Schlitten und ich ihre. Das war erforderlich, da sie als zweiten Schlitten den mit den Blechen hatte und dort ließ sich nichts mehr anhängen. Mit Stahlseilen wurde auch noch der Behälter an die 10 angehängt, dann ging es im ersten Gang weiter mit 3 - 5 km/h. Vor der Oase musste die 10 noch umdrehen und einen neuen Weg suchen. Es hatte so stark getaut, dass sich Bäche und weiches Eis gebildet hatten, und das kann sehr gefährlich werden.
Ich kam mit meinen beiden Schlitten gerade so durch, aber weiter oben, an einer ungefährlicherenn Stelle. Den Gletscher hoch hatte ich dann erhebliche Mühe. Die 10 musste zweimal fahren, da das mit dem Behälter zuviel war. Gegen 24.00 Uhr trafen wir dann ein. Es ist üblich, dass doch eine Menge Leute auf sind. Es ist immer ein Ereignis, wenn ein Pochod zurückkommt. Ich ging erst einmal Duschen und meine Wäsche einweichen und fuhr dann zu unserer Station. Auch dort waren noch 3 Mann auf und es gab ein Dienstbier. Es wurde noch eine Weile erzählt und dann ging ich schlafen.

Sonntag, 13.12.87 (63)

Zwei Monate sind nun um und ich habe mich gut eingelebt, nur die Familie vermisst man sehr. Ich freue mich auch schon auf die Ankunft der Kisten, weil man dann doch ein paar persönliche Sachen mehr hat. Abends sehe ich mir fast immer die paar Bilder an, die ich mitgenommen habe. Man hätte viel mehr einpacken sollen.
Heute stand ich um 10.00 Uhr auf, da man nach dem Pochod doch etwas länger schlafen muss. In der Woche, in der ich nicht da war, hatten wir von der sowjetischen Station das Gebäude der alten Aerologie geschenkt bekommen. Die dachten nun, wir würden es abreißen und bei uns als Lager wieder aufbauen. Wir lösten das Problem viel einfacher. Mit Wagenhebern wurde das Gebäude angehoben, auf Fässer gestellt und ein Schlitten runtergeschoben. Mit zwei Raupen zogen wir dann das Gebäude zu unserer Station. Eine reife Leistung.
Nachmittags ging es dann zum Wäschewaschen. Abends gab es Dienstbier und dann artete es etwas zum Besäufnis aus. Eigentlich das erste mal. Es ist also hier nicht so schlimm. Man trinkt weniger als zu hause.
Diesmal fand ich den richtigen Zeitpunkt nicht ganz, obwohl ich nicht bis zum Schluss blieb. Nachts musste ich raus, mir war schlecht und ich hatte Durchfall. Als Außenschläfer blieb mir nur eine etwas entfernte Felsnische als Toilette.

Montag, 14.12.87 (64)

Obwohl es mir nicht gut ging, stand ich auf. Auf das Frühstück verzichtete ich, aber gearbeitet wurde ordentlich. Reiner war völlig fertig, er musste seinen Container erst einer gründlichen Reinigung unterziehen.
Wir machten einen großen Arbeitseinsatz am alten Standort des geschenkten Hauses. Den meisten Müll verbrannten wir gleich auf einer Walakusche, den Schrott und die Asche fuhren wir weg. Es war so schönes Wetter, dass wir mit freiem Oberkörper arbeiten konnten. Für sechs Mann hatten wir noch zwei Flaschen Bier, gerade die Menge, um die Spätfolgen zu bekämpfen. Mittags konnte ich wieder normal essen.
Nach dem Mittagessen fuhr ich mit der 18 zum Flugplatz, um noch Benzinfässer abzuladen. Dort gab es wieder guten Kaffee. Zum Abendessen war ich wieder zurück. Nach dem Abendessen fuhr ich noch tanken und holte den für uns gedachten Tankschlitten zur Station. Um 20.00 Uhr war ich dann mit der Arbeit fertig.
Anschließend entwickelte ich noch 3 Filme. Jetzt ist es 0.20 Uhr und ich bin mit dem Tagebuch wieder auf dem Laufenden. Es wird jetzt auch Zeit zum Schlafen.
Übrigens wurde während des Pochods auch unser Wohncontainer richtig hingestellt. Wir müssen jetzt nur noch den Verbindungsgang zur Magnetik-Meßhütte bauen.

Dienstag, 15.12.87 (65)

Heute war großer Aufräumtag. Am ganzen Vormittag hatten wir am Gebäude unserer Station Dreck gesammelt, Kisten umgestapelt, und aufgeräumt. Es ist noch viel zu tun. Ich würde noch viel mehr wegschmeißen, aber Hans kann sich von vielen Dingen nicht trennen. Der nächste Sommer kommt ja auch und dann wird noch mal voll zugeschlagen. Morgen Vormittag geht es weiter.
Am Nachmittag habe ich ein paar Bilder für Günthers Geburtstag angefertigt. Kurt will sie noch binden. Die anderen haben Holz entnagelt für den Containeranbau. Steffen will alles ziemlich groß anlegen, das macht noch eine Menge Arbeit. Bis jetzt ist kaum einer dazu gekommen, seine wissenschaftliche Arbeit zu machen. Einige fangen schon an zu meutern.
Ich kann das verstehen, denn aufräumen allein reicht nicht. Ich muss auch langsam los, die Seen zu erkunden, in denen getaucht werden soll. Spätestens am Wochenende muss das angegangen werden.
In der Zeit, in der ich nicht da war, ist Reiner angezählt worden, weil er sich beim Arbeiten ziemlich im Hintergrund hält. Das hat sich jetzt ganz schön geändert. Mal sehen, wie lange es vorhält.

Mittwoch, 16.12.87 (66)

Heute war Chemikalien-Pochod. 6 Kisten mit Entwicklerflüssigkeit in Plasteflaschen wurden nebst sonstigem Müll weggeschafft. Alle Flaschen mussten entleert werden, dann gab es wieder ein großes Feuer und alles war weg.
Nach dem Mittagessen wurden ein Ölwechsel und einige kleinere Motormontagen durchgeführt. Molo und Hans arbeiteten in der Werkstatt an einem Geburtstagsgeschenk für Günther.
Vor dem Abendessen beschickten Steffen und ich die Waschmaschine in der SU-Station mit unserer Bettwäsche, anschließend wurde geduscht und das Kleinzeug mit der Hand gewaschen. Nach dem Abendessen war alles fertig. Abends sahen wir noch den zweiten Teil eines Films über Sibirien. Man hat das Gefühl, die Leute haben alles was am Kopf (die im Film).
2 SW-Filme entwickelt, Aufnahmen sehen gut aus. Morgen geht es zum Arzt, der uns alle nach und nach untersucht, um zu sehen, wie sich die Werte hier verändern. Wird ja wieder hart werden, da Blut abgezapft wird und die Kanülen nicht die schärfsten sind.
Telegrammrechnung ist auch gekommen, stimmt fast genau mit meinen Notizen überein. Ohne Weihnachtstelegramme bisher 40 Rubel.
Die letzten beiden Seiten im Tagebuch werde ich raustrennen müssen, da ich dieses hier wegschicken will und hinten Adressen und Notizen zu den Telegrammen stehen.
Einen Vergaser für unsere Raupe habe ich heute von Serjoscha bekommen. Habe mich darüber sehr gefreut. In der nächsten Woche will ich mit Steffen für 3 Tage ins Dommik. Auf dem Weg werden Magnetikmessungen erledigt und die Tauchseen untersucht.

Donnerstag, 17.12.87 (67)

Heute früh war Arzttermin. Das Blutabnehmen ging wie immer in die Hose. Nach einem Reagenzglas war Sense. Nach dem Frühstück dann die anderen Sachen, Luftanhalten (2,5 min.), Belastungs-EKG usw. War alles in Ordnung.
Anschließend wurde dann das Schild an die Raupe montiert. Das machte sehr viel Arbeit, da irgendein Witzbold bei der Generalreparatur die Kugeln für das Schildgestänge falsch angebaut hatte. Fast hätten wir sie nicht rausbekommen. Nach dem Mittagessen haben wir es dann geschafft. Anschließend habe ich dann noch den neuen alten Vergaser für die zweite Raupe, den ich von den Russen bekommen hatte, gesäubert und einige kleinere Dinge repariert und auch noch angebaut.
Heute sehen wir noch den 3.Teil des Films über Sibirien.
Es kam auch ein Telegramm von Ingrid, dass ich noch Wünsche äußern soll. Da möchte ich morgen noch die Antwort schreiben.

Freitag, 18.12.87 (68)

Heute hatte Günther Peters Geburtstag. Er wurde 51. Zum Frühstück wurde er mit einem Ständchen geweckt. Es gab eine Menge kleiner Geschenke. Das große Geschenk war der Nachbau des Gittermastes mit Winden, Abspannung und Beleuchtung, die von einem Pendel ein- und ausgeschaltet wurde. Günther hat sich sehr gefreut.
Die Arbeit kam auch nicht zu kurz. Am Vormittag wurden die Raupen betankt und der Tankschlitten vom letzten Pochod umgepumpt und wieder aus der Oase gefahren. Das zog sich bis ca. 14.00 Uhr hin. Von da ab war dann Ruhe bis zum Kaffee. Jetzt sitze ich hier und schreibe und warte auf das Abendbrot. Sehr viel wird sich heute nicht mehr ereignen. Ingrids Telegramm bezüglich des Pakets habe ich beantwortet. Neben Kaffee braucht man hauptsächlich Post und viele kleine billige Andenken. Wir waren doch etwas schlecht beraten, als man von Geschenken sprach. Freuen tut man sich hier über Postkarten, Aufnäher und Abziehbilder, also Kleinigkeiten. Das hätte man uns in Potsdam sagen sollen.
Eben noch mal alle technischen Unterlagen durchgeräumt. In den nächsten zwei Monaten will ich mir noch mehrere Aufstellungen für die wichtigsten Parameter der Aggregate machen, um im Ernstfall alles griffbereit zu haben. Wird auch für meinen Nachfolger gut sein, insbesondere wenn es Fritz ist.
Abends gab es Schweinefilet mit Püree, Spargel, grünen Bohnen und Kräuterbutter, Pudding mit Erdbeeren und 3 Dienstbiere. Schnaps habe ich nur einen getrunken.

Sonnabend, 19.12.87 (69)

Morgens wurde etwas später geweckt. Einige hatten doch Schwierigkeiten wegen des Schnapses. Zum Frühstück gab frisch Knüppel und Mohnbrötchen. Vormittags passierte nicht viel. Ich nutzte die Zeit zum Aufräumen und Ausfegen. Mittags Banja und Diensttelegramme sowie ein Telegramm von Oma.
Abends dann den 4. Teil des Filmepos über Sibirien. Wesentlich war der Inhalt des Diensttelegramms. Neben einer Inspektion aus Chile wurde Fritz als zweiter DES-Mann für die Überwinterung angekündigt. Das berührt mich doch unangenehm, da ich weiß, dass er mit Sicherheit nicht alle Lehrgänge absolviert hat. Von Motoren hatte er bisher noch nie Ahnung. Das habe ich hier natürlich nicht verbreitet, habe Reiner aber veranlasst, telegrafisch auf die Notwendigkeit der vollständigen Vorbereitung hinzuweisen. Mit Sicherheit fällt dann auch das Tauchprogramm ins Wasser. Aus diesem Grund habe ich auch privat ein Telegramm an Hermichen geschickt mit der Bitte, sich darum zu kümmern. Aus Erfahrung kann ich mir vorstellen, dass er über diese Entwicklung nicht informiert wurde. Bin gespannt, was dabei herauskommt. Falls Fritz wirklich kommt, bedeutet das, dass ich voraussichtlich im nächsten Oktober oder November zurückfliegen muss. Ich bin dann zwar früher zu hause, es geht aber auch Geld verloren. Ändern kann ich es nicht. Also abwarten.

Sonntag, 20.12.87 (70)

4.Advent. Trotzdem wurde es ein arbeitsreicher Tag. Ich nahm mir wieder die zwei Raupen vor. Bei der einen war die Befestigung des Planierschildes an der rechten Seite defekt, das musste unbedingt gemacht werden. Bei der anderen ging die Kupplung nicht, d. h., das Kupplungspedal kam nicht zurück. Um die Klemmstelle zu finden, mussten erst einmal alle Gestänge demontiert werden. Es stellte sich dann heraus, dass die Hauptwelle, auf der die ganze Hebelei sitzt, festgefressen war. Mit viel Mühe bekam ich sie wieder gangbar. Bei der Gelegenheit beulte ich auch gleich die verbogenen Karosserieteile aus. Weiterhin musste eine undichte Kraftstoffleitung repariert werden. Das alles beschäftigte mich bis 20.00 Uhr, ohne dass ich zum Mittagessen ging. Ich wollte aber alles fertig bekommen, da ich mit Steffen morgen eine dreitägige Wanderung zum Dommik mache. Er will magnetische Messungen erledigen, ich die Tauchseen besichtigen und fotografieren.
Das eine kleine Stromaggregat läuft so schlecht, dass ich Hans endlich überreden konnte, die Einspritzdüsen zu wechseln. Wir machen das, wenn ich wieder zurück bin. An unserer Hütte wurde auch eifrig weitergebaut, langsam nimmt es Gestalt an. Man lernt hier sehr gut zu improvisieren. Der Gedanke, dass Fritz hier eventuell unvorbereitet auftaucht, lässt mir noch immer keine Ruhe. Bin gespannt, wie das ausgeht und wann Hermichen sich meldet.